Kennen Sie das? Jemand steht vor einem Berg von Aufgaben, die zu erledigen sind, und die er sich selbst einteilen kann, und bekommt es nicht gebacken. Entweder er oder sie wird schon fahrig und nervös angesichts der schieren Quantität, mit der er es zu tun hat. Er verliert angesichts der Fülle der Aufgaben sozusagen die Fähigkeit, dem Ganzen eine Struktur zu geben, nach Maßgabe derer er die Dinge bearbeiten kann.
Jemand anders packt die Dinge zügig an. Man bemerkt jedoch beim Hinschauen, daß sämtliche sinnvollen Prioritäten fehlen. Er geht die Dinge nach Liste an, eins nach dem anderen. Die Frage, ob wesentlich oder unwesentlich, vordringlich oder nachrangig, scheint er sich nicht zu stellen. Wieder jemand anders setzt die Prioritäten so, daß deutlich wird, er nimmt sich den gesamten Kleinkram zuerst vor und schiebt alle wesentlichen und aufwendigeren Dinge auf die lange Bank.
Was daran deutlich wird: die eigene Arbeit gut zu strukturieren ist eine Kunst – und nicht jedermanns Sache.
Nun gibt es für Probleme der Setzung von Prioritäten wunderschöne Hilfen wie das bekannte Eisenhower-Prinzip, das auf den Präsidenten der USA, Dwight D. Eisenhower, zurückgeht. Im Rahmen eines Diagramms mit je einer Achse für die Dringlichkeit und die Wichtigkeit anstehender Aufgaben werden sämtliche To Dos verortet. Für die vier Quadranten im Diagramm, in denen die Aufgaben angesiedelt werden (hohe Dringlichkeit und hohe Wichtigkeit, hohe Dringlichkeit und geringe Wichtigkeit, hohe Wichtigkeit und geringe Dringlichkeit, geringe Dringlichkeit und geringe Wichtigkeit) gibt es jeweils verschiedene Empfehlungen für die Umsetzung der Aufgaben (Näheres zum Eisenhower-Prinzip unter dieser Bezeichnung im Internet).
Wenn nun aber das eigentliche Problem nicht die Setzung der Prioritäten ist, sondern das, die Aufgaben entsprechend gesetzter Prioritäten zielvoll und strukturiert umzusetzen und das Ganze nicht dem Zufall oder der jeweiligen Tagesform zu überlassen, was dann?
Das Folgende klingt vielleicht verrückt, ist jedoch erwiesenermaßen hilfreich, um eigener „Strukturschwäche“ wirksam zu Leibe zu rücken. Nehmen Sie sich zwei Wochen lang täglich sechs Minuten Zeit, in denen Sie verschiedene Kleinigkeiten in Ihrem Büro, Ihrer Praxis, Ihrem Arbeitsraum oder Wohnzimmer verändern. Und zwar Dinge umgruppieren, umstellen oder –legen, die ihren angestammten Platz haben, die also Ihren Gewohnheiten entsprechend immer dort landen, immer so stehen, liegen oder sich befinden, wie Sie das für nützlich, zweckdienlich, stimmig oder angenehm halten, wie es Ihnen entspricht, wie es sich bei Ihnen eingespielt hat.
Bringen Sie in diesen wenigen Minuten die gewohnte Ordnung bewusst und aktiv ein klein wenig durcheinander. Legen Sie die Zeitung an einen Ort, wo sie bei Ihnen nie landen würde. Drehen Sie den Sessel andersherum, ändern Sie die Anordnung der Gegenstände auf Ihrem Schreibtisch. Und zwar zwei Wochen lang täglich dieselben Dinge neu und anders, oder Sie nehmen sich zwei Wochen lang täglich Neues und anderes in dieser Hinsicht vor und belassen das Vorherige so, wie sie es am Vortag positioniert haben.
Wenn Sie das zwei bis drei Wochen getan haben, machen Sie zwei bis drei Wochen Pause. Dann fangen Sie erneut damit an, steigern aber den Schwierigkeitsgrad. Was das für Sie heißt, bestimmen Sie selbst. Zum Beispiel nehmen Sie sich vor, dieses morgens beim Betreten Ihres Büros, jenes mittags auf dem Weg zum Essen und ein Drittes vor Verlassen Ihres Arbeitsraums zu verrichten. Oder Sie versuchen es zu von Ihnen festgelegten Zeitpunkten am Tag… Machen Sie Ihre Erfahrungen damit und geben Sie vor allem nicht auf, wenn es schwierig wird oder nicht gelingt. Ändern Sie höchstens Umfang und Schwierigkeitsgrad, der für Sie passt, aber fahren Sie fort!
Wenn Sie dies einige Zeit durchgeführt haben, werden Sie bemerken, wie Sie infolge solch kleiner Eingriffe in Ihr Gewohnheitsleben durch minimalen gezielten Willenseinsatz Ihre Fähigkeit deutlich verbessern und steigern, den eigenen Alltag souverän zu strukturieren. Und darum geht es.
Nothart Rohlfs