Feedback ist, was jemand anders an mir nicht ausstehen kann, in Worte gebracht.
Weit gefehlt! Was aber ist es dann? Und wie lernt man es?
Feedback ist zum einen die Kunst, bei jemandem, der mir gehörig auf den Keks geht, unabhängig davon die Dinge ausfindig zu machen, die sie oder er bei genauem Hinsehen eindeutig gut kann, möglicherweise erheblich besser als ich. Dies neidlos einzugestehen und dem Betreffenden auch zu sagen, was er für tolle Fähigkeiten hat bzw. was er beruflich oder privat Beachtliches zustande bringt, das gehört zu gutem Feedback.
Feedback ist aber auch, ganz absehen zu können von der Art und Weise, wie umständlich, kompliziert, pedantisch, chaotisch oder detailversessen jemand drauf ist, und wie sympathisch oder unsympathisch mir selbst das ist, und in ehrlichen Worten anzuerkennen, dass die Dienstleistung oder das Produkt, die bei ihrer oder seiner Tätigkeit im Ergebnis rauskommen, Qualität hat, überzeugt, Spitze ist.
Lassen Sie es mich so sagen: Wer das kann, wer unabhängig von persönlichen Abneigungen sachlich begründetes positives Feedback geben kann, der ist auf dem richtigen Weg. Der erwirbt sich dadurch die menschliche Qualifikation, auch negatives Feedback zu geben. Denn klar, ohne das geht es nicht.
Eine Führungskraft, die das nicht in erforderlichem Umfang beherrscht, wird als Führungskraft wenn nicht scheitern, so doch ihre liebe Not haben mit denjenigen, die sie zu führen hat. Deshalb, ob Führungskraft oder nicht, gilt: Lernen Sie zuerst, konstruktives Feedback zu geben, unabhängig von Ihrer eigenen Tagesform, Ihren Vorlieben und Abneigungen, Ihren Launen, Befindlichkeiten und Wehwehchen. Üben Sie es, Gelegenheiten gibt es genug. Und Sie werden bemerken, was positives Feedback mit Ihren Kollegen, Ihren Angestellten, den Mitarbeitern der Kantine und denen der Reinigungsfirma macht. Wieviel besser es allen geht, um wieviel motivierter alle sich einsetzen werden, wenn jemand aufmerksam und mit einem Dank oder Lob ihre Leistungen zur Kenntnis nimmt!
Erst wenn Sie das können, wenn Sie hier sicher im Sattel sitzen, wagen Sie sich an kritisches Feedback heran. Und bedenken Sie dabei grundsätzlich eins: Du darfst sachliche Vorkommnisse, fachliche Defizite, abgezirkelte Sachverhalte mit der erforderlichen kritischen Rückmeldung versehen. Du darfst jedoch nie den ganzen Menschen in Bausch und Boden runtermachen und mit Kritik überziehen! Sachbezogener Tadel ja, pauschale Verurteilung nein. Häng dir das über den Küchentisch, wenn du viel Feedback geben musst.
Und dann fang an mit kritischem Feedback: auf den Punkt gebracht, spezifisch, vorsichtig, auf die Grenzen des gemeinten Sachverhalts achtend und am allerbesten, nachdem du zuvor positives Feedback gegeben hast. Beginne nie mit den gröbsten Patzern deines Gegenübers, die den Betrieb oder die Freundschaft fast den Fortbestand gekostet hätten. Fang stattdessen klein an. Übe, arbeite dich voran. Berücksichtigst du den oben geschilderten Vorlauf, so ist die Chance groß, dass du ein fähiger und geschätzter Feedbackgeber wirst, im Betrieb, im Freundeskreis, in der Familie, der Nachbarschaft. Glück auf!
Nothart Rohlfs