Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on im Team — Ent­schei­dungs­bil­dung II

Ob Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on in Ein­rich­tun­gen und Unter­neh­men erfolg­reich funk­tio­niert, kann zumeist dar­an abge­le­sen wer­den, wie Ent­schei­dungs­vor­gän­ge in den jewei­li­gen Teams, Abtei­lun­gen oder Gre­mi­en ver­lau­fen und ob sie gelin­gen oder nicht. Eine wesent­li­che Vor­aus­set­zung ist es dabei, dass es sich auch um zen­tra­le, mög­li­cher­wei­se heik­le Ent­schei­dun­gen han­delt, von deren Aus­wir­kun­gen die­je­ni­gen, wel­che sie her­bei­füh­ren, selbst unmit­tel­bar betrof­fen sind und nicht nur um Ent­schei­dun­gen der Art, wie das Geld in der Kaf­fee­kas­se ver­wal­tet wird. Gemeint sind also bei­spiels­wei­se Ent­schei­dun­gen über Ein­stel­lun­gen und Ent­las­sun­gen, über Gehäl­ter, Annah­me oder Ableh­nung von Auf­trä­gen, über Urlaubs- und Ver­tre­tungs­re­ge­lun­gen, Dienst­plä­ne oder Arbeits­ver­tei­lung.
Dane­ben ist der Voll­zug der Ent­schei­dungs­bil­dung zen­tral. Ent­schei­dungs­pro­zes­se in Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on sind zum Bei­spiel sol­che, bei denen alle Ent­schei­der nicht ihrer Funk­ti­on nach – die­se kön­nen ganz ver­schie­den sein -, wohl aber ihrer hier­ar­chi­schen Stel­lung nach ein und der­sel­ben Ebe­ne ange­hö­ren. Oder bei denen sämt­li­che Ent­schei­der, soll­ten sie im Betriebs­zu­sam­men­hang ver­schie­de­nen hier­ar­chi­schen Ebe­nen ange­hö­ren, zumin­dest hin­sicht­lich ihrer Ent­schei­dungs­ge­walt in der zu bear­bei­ten­den Ange­le­gen­heit gleich­ran­gig wer­den (bei demo­kra­tisch ver­lau­fen­den Ent­schei­dungs­vor­gän­gen z.B. glei­ches Stimm­recht besit­zen). Sämt­li­che Ent­schei­de, die von einer über­ge­ord­ne­ten Instanz für eine nach­ran­gi­ge Ebe­ne getrof­fen wer­den, schei­den bei die­ser Betrach­tung aus. Es han­delt sich bei ihnen nicht um Ent­schei­dungs­pro­zes­se in Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on der Betrof­fe­nen („Die Betei­lig­ten sind die Betrof­fe­nen“), son­dern um klas­sisch hier­ar­chi­sche Entscheidungsvollzüge.

Wie kann nun Ent­schei­dungs­bil­dung unter den genann­ten nicht-hier­ar­chi­schen Bedin­gun­gen voll­zo­gen wer­den? Wel­che Mög­lich­kei­ten, wel­che erprob­ten, prak­ti­zier­ten Model­le oder Durch­füh­rungs­va­ri­an­ten gibt es?
Die ein­fachs­te basis­de­mo­kra­ti­sche Vari­an­te besagt: Alle Ange­hö­ri­gen einer in Fra­ge kom­men­den Lebens- oder Arbeits­ge­mein­schaft reden und ent­schei­den mit, unab­hän­gig davon, ob und wie sie mit der Ent­schei­dungs­sa­che im Ein­zel­nen in Ver­bin­dung ste­hen. Alle ent­schei­den über alles. Von die­ser Grund­ver­si­on aus­ge­hend, gibt es alle mög­li­chen Anwen­dungs­va­ri­an­ten.
Dass radi­kal basis­de­mo­kra­tisch voll­zo­ge­ne Ent­schei­dungs­pro­zes­se höchst zeit­auf­wen­di­ge Ange­le­gen­hei­ten sein kön­nen, dürf­te älte­ren Semes­tern zum Teil noch aus eige­ner Erfah­rung geläu­fig sein. Trotz­dem gibt es immer noch zusam­men­ar­bei­ten­de bzw. ‑leben­de Gemein­schaf­ten, die alle rele­van­ten Ent­schlüs­se nach die­sem Prin­zip ein­stim­mig und gemein­sam fäl­len.
In vie­len Zusam­men­hän­gen und im Rah­men ver­schie­de­ner recht­li­cher Kör­per­schaf­ten – so zum Bei­spiel Ver­ei­nen – ist es üblich, Ent­schei­dun­gen mit glei­chem Stimm­recht aller Betei­lig­ten mehr­heit­lich zu voll­zie­hen. Ent­we­der genügt dabei die ein­fa­che Mehr­heit, oder es sind ande­re, höher qua­li­fi­zier­te Mehr­hei­ten erfor­der­lich.
In sozia­ler Hin­sicht inter­es­sant und her­aus­for­dernd wird es, wenn Ent­schei­dun­gen jen­seits demo­kra­ti­scher Abstim­mun­gen vor­ge­nom­men wer­den. In der kleins­ten sozia­len Ein­heit, einer Part­ner­schaft von zwei Betei­lig­ten, ist dies gang und gäbe. Aber auch in grö­ße­ren zusam­men­ar­bei­ten­den Gemein­schaf­ten gelingt dies und kann zu aus­ge­zeich­net fun­dier­ten Ent­schei­dun­gen füh­ren. Die Grund­la­ge bil­det dabei eine gewis­se Ver­traut­heit der Betei­lig­ten unter­ein­an­der und deren grund­sätz­li­che Bereit­schaft, ein­an­der ernst zu neh­men und falls nötig auf­ein­an­der zuzu­ge­hen. Mehr dazu in Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on im Team – Ent­schei­dungs­bil­dung III und IV.

Not­hart Rohlfs